Von der US amerikanischen Armee in Osama Bin Ladens Versteck in Pakistan beschlagnahmte Dokumente bestätigen die ambivalenten Beziehungen zwischen Al-Qaida und dem Iran.


CTC Analyse der veröffentlichten Briefe
CTC Analyse der veröffentlichten Briefe

Übersicht

1.      Am 3. Mai 2012, ein Jahr nachdem Osama Bin Laden von einer Elitetruppe der amerikanischen Armee getötet worden war, wurden 17, nicht als Verschlussache qualifizierten Dokumente veröffentlicht, die in seinem Versteck in Abottaabad, Pakistan, entdeckt wurden. Das Zentrum für Terrorbekämpfung (CTC – Combating Terrorism Center) der Militärakademie Westpoint, New York State[1], veröffentlichte die Gesamtheit der in die englische Sprache übersetzten Dokumente, unter Zusatz einer genauen Analyse [unter dem Titel "Letters From Abbottabad: Bin Laden Sidelined?"] .

2.      Die 17veröffentlichten Dokumente bilden lediglich einen kleinen Teil der 6000 Dokumente, die in den Computern und den Festplatten im Versteck von Osama Bin Laden in Abbottabad erbeutet wurden. Die Dokumente umfassen u. a. Briefe und Briefentwürfe von Osama Bin Laden und anderen Al Qaida Anführern. Der früheste Brief trägt ein Datum aus dem Jahr 2006, der letzte Brief trägt ein Datum im April 2011.

3.      In diesen Dokumenten befand sich ein Briefwechsel zwischen Osama Bin Laden und einem hochrangigen Al Qaida Kader ("Atiyah). In diesen Briefen geht es um die Freilassung von Al Qaida Aktivisten, die im Iran gefangengehalten wurden und um die Beziehungen zwischen Al Qaida und dem Iran im allgemeinen. In diesen Briefen (aus den Jahren 2009 – 2010) ist das große Misstrauen, das Al Qaida dem Iran entgegenbringt, sehr deutlich zu erkennen. Für Al Qaida ist der Iran ein shiitisches, ungläubiges Land, das von einer Gruppe von Kriminellen geleitet wird und dessen Politk der Al Qaida gegenüber als scheinheilig zu bezeichnen ist.

4.      Der schiitische Iran und die sunnitische Organisation Al Qaida unterhalten eine sehr ambivalente Beziehung, aufgrund einer sehr großen ideologisch-religiös bedingten Kluft zwischen ihnen. Gleichzeitig allerdings unterhalten diese beiden Partner eine operationelle Zusammenarbeit, die auf klar umrissenen Interessen aufbaut. Aus iranischer Sicht soll diese Zusammenarbeit Al Qaida Aktionen gegen den Iran verhindern und gleichzeitig die operationellen Fähigkeiten von Al Qaida und dem globalen Jihad im Nahen Osten und in der ganzen Welt ausnutzen, um Anschläge gegen gemeinsame Feinde auszuführen – gegen die USA und den Westen, gegen Israel und die Juden.

5.      In der sehr vielschichtigen Beziehung zwischen den beiden, ist seit 2009 eine "Annäherung" festzustellen, wie sich aus den Briefen zeigt. Damals ließ der Iran Al Qaida Aktivisten und Familienangehörige von Osama Bin Laden frei, die in den Vorjahren festgenommen worden waren. Der operationelle Ausdruck "Annäherung" beschreibt die Genehmigung, die dem Netzwerk der Al Qaida Aktivisten gewährt wurde, aus dem Hoheitsheitsgebiet des Irans heraus zu operieren, als wichtige Achse zwischen Afghanistan und Pakistan und den Terrorzentren im Nahen Osten und der ganzen Welt. Dieses Netzwerktransportierte Aktivisten und Gelder, wobei die iranischen Behörden "ein Auge zudrückten" und sich vielleicht auch aktiv helfend beteiligten (obwohl die Al Qaida Terror Aktivitäten in Ländern wie Syrien und dem Irak wichtigen iranischen Interessen widerspricht, insbesondere angesichts der Umbrüche, die in diesem Teil der Welt stattfinden).

6.      Zusammenfassend: Der Iran stellt für Al Qaida ein sehr bedeutendes Feld zur Förderung ihrer logistischen Aktivitäten dar (Transport von Aktivitsten und Geldern) und für ihre Terroreinsätze. Somit stellt das logistische Netzwerk von Al Qaida im Iran eines der bedeutendsten Aktiva der Al Qaida Führung dar. Insbesondere angesichts der regionalen Revolutionen und des Ehrgeizes des Al Qaida Führung, ihre regionale Präsenz zu festigen und zu verankern, die Schwäche, die sich in Pakistan durch die Tötung der Führungsspitze und vieler Aktivisten gezeigt hatte ( darunter auch Abu Ychieh Allibi) und die Möglichkeit, dass die Freilassung von Häftlingen ihre Ränge wieder stärken könnte.

[1] Die Dokumente im Original: http://www.ctc.usma.edu/posts/letters-from-abbottabad-bin-ladin-sidelined,

Eine weitere Analyse: http://www.ctc.usma.edu/wp-content/uploads/2012/05/CTC_LtrsFromAbottabad_WEB_v2.pdf